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Kartensammlungen

Details zur Sammlung Ryhiner

Die Kartensammlung Ryhiner zählt zu den Sammelatlanten, die im 17. und 18. Jahrhundert von Sammlern meist nach systematischen, oft aber auch nach zufälligen Kriterien zusammengestellt wurden. Es entstanden viele kleinere und einige grosse Sammlungen. Mit über 16‘000 Karten, Plänen und topographischen Ansichten in 501 Sammelbänden gehört die Sammlung Ryhiner zu den grossen. Vergleichbare Sammlungen wurden zumeist nur teilweise überliefert oder gingen verloren. Die Bedeutung der Sammlung Ryhiner liegt nicht zuletzt darin, dass sie in ihrer ursprünglichen Form fast vollständig erhalten ist und ein handschriftlicher Erschliessungsteil (Kartenbibliographie und Kartenkatalog) aus der Feder von Ryhiners vorliegt.

Der Berner Staatsmann und Geograph Johann Friedrich von Ryhiner wurde am 1. Januar 1732 geboren. Er durchlief die für Burgersöhne übliche Ämterlaufbahn im bernischen Staatswesen. Durch seine Heirat mit  Rosina Sophie von Mülinen kam 1758 eine Verbindung mit einer der angesehensten Familien zustande, die Ehe blieb kinderlos. Neben seinen Tätigkeiten im Grossrat, Kommerzienrat und Kleinen Rat stellte er aufgrund seiner geographischen und juristischen Kenntnisse Arbeiten zur Verwaltung der bernischen Staatswesens zusammen. Daraus resultierte zum Beispiel sein „Regionenbuch“. Als Stiftsschaffner initiierte er 1784 den Bibliotheksneubau, die heutige Bibliothek an der  Münstergasse. Beim Niedergang des ancien régime wurde Ryhiner in den politischen Ruhestand versetzt. Bis zu seinem Lebensende am 20. Januar 1803 widmete es sich der Kartographie. Er sah in Karten ein Hilfsmittel zur Entwicklung der geographischen Wissenschaft und setzte sich zur Pflicht, in Bern ein entsprechendes Forschungsinstrument aufzubauen.

Die Kartensammlung blieb über zwei Generationen in der Familie, bis Friedrich Ludwig von Effinger sie der damaligen Stadtbibliothek vermachte. Das Geschenk wurde nachweislich 1867 verdankt. Nachdem 1867 die Bibliothek Dubletten veräussert hatte, wurden anfangs des 20. Jahrhunderts diejenigen Sammelbände zerlegt, die Karten, Pläne und Ansichten der Schweiz enthielten. Die Blätter wurden aus ihrem Kontext gerissen, neu geordnet und mit Karten anderer Provenienz vermischt. In den Sechzigerjahren wurden anlässlich von Umbauarbeiten im Estrich des Bibliotheksgebäudes an der Münstergasse die handschriftlichen Erschliessungsbände von Ryhiners gefunden. Sie bildeten das theoretische Fundament für die moderne Erschliessung der Sammlung (Katalogisierung, Konservierung, Mikroverfilmung, Digitalisierung) unter der Leitung von Thomas Klöti von 1992 bis 2007.

Details in: Thomas Klöti: Johann Friedrich von Ryhiner, 1732-1803. Berner Staatsmann, Geograph, Kartenbibliograph und Verkehrspolitiker. Bern: Geographische Gesellschaft, 1994. pdf